Weltkommissionsbericht: Schere zwischen Arm und Reich reißt weiter auf

Am 24.2. stellen die finnische Präsidentin Tarja Halonen und der tansanische Präsident Benjamin Mkapa in London den Bericht der Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung vor. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker war als einziger Deutscher Mitglied der Weltkommission.

Die Kommission war 2002 von der Weltarbeitsorganisation ILO (Genf) ins Leben gerufen worden und hat den Bericht im Laufe von sechs Sitzungen sowie in Anhörungen in allen Erdteilen entwickelt, hervorragend unterstützt durch das ILO-Sekretariat. Mitglieder der Kommission waren u. a. der frühere italienische Ministerpräsident Giuliano Amato, der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz (USA) und der ILO-Generaldirektor Juan Somavia (Chile).

Im Zentrum des Berichts steht die Beobachtung, dass die Globalisierung trotz aller ökonomischen Vorteile den Abstand zwischen armen und reichen Teilen der Gesellschaft deutlich vergrößert. Die Prämien für herausragende Leistungen haben sich durch die globale Vernetzung vervielfacht, und entsprechend zurückgeblieben sind die sozialen Ausgleichsmechanismen. Der internationale Steuerwettbewerb schwächt die Fähigkeit der Staaten (insbesondere der Entwicklungsländer), sich um den sozialen Ausgleich zu kümmern. Der Druck zur Arbeitsrationalisierung hat sich durch die verschärfte internationale Arbeitsteilung weiter erhöht, so dass heute bereits über eine Milliarde Menschen vergeblich nach einer Arbeit suchen, aus deren Entlohnung die Familien ernährt werden können. Es gibt einen Trend des Verdrängens von Arbeit in den informellen, rechtlosen Sektor und eine Schwächung der Position von Frauen.

Die Kommission bleibt in den Vorschlägen zur Verbesserung der Situation recht zurückhaltend, was teilweise auf ihre sehr ausgewogene Zusammensetzung zurück zu führen sein dürfte, teilweise auf die Einsicht, dass man gegenwärtig mit kühnen Vorschlägen geringe Verwirklichungschancen hat. Eine Stärkung der UNO und ihrer Sonderorganisationen, eine stärkere Ächtung von menschenunwürdiger Arbeit, verbesserte international vereinbarte Standards und eine Stärkung der Aufpasserrolle der Zivilgesellschaft gehören zu den Empfehlungen der Kommission. Grundsätzliche Kritik an der Dynamik der Globalisierung lässt sich aus den Empfehlungen nicht heraus lesen.

Von Weizsäcker erhofft sich eine verbreiterte Diskussion über die Abkehr von einem einseitigen Hochjubeln der Marktkräfte als Gestaltungskraft. „Recht und wirtschaftliche Macht müssen wieder in ein vernünftiges Gleichgewicht kommen“, so der Stuttgarter Abgeordnete, der von 1999-2002 die Bundestags-Enquetekommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ geleitet hatte.

Der Kommissionsbericht unter dem Titel „A Fair Globalization – Creating opportunities for all“ ist vorläufig nur auf englisch verfügbar und kann beim deutschen Büro der ILO, Hohenzollernstr. 22, 53173 Bonn, email: bonn@ilo.org bestellt werden. In Kürze wird er auch auf der Homepage der ILO zur Verfügung stehen.