Präsident Bush und seine Republikaner sind unter Druck. Zwei große Themen belasten sie, weil sie da nicht gut aussehen: der Irakkrieg und der Umweltschutz.
Der Kennedy-Neffe und Sohn des ermordeten Senators, Robert F. Kennedy Jr. hat eine vernichtende Abrechnung mit der Umweltpolitik der Regierung Bush geschrieben: Crimes Against Nature, Verbrechen gegen die Natur. Der Untertitel heißt: Wie George W. Bush und seine Getreuen das Land ausräubern und unsere Demokratie kapern. Da geht es um das hanebüchene Absprengen von ganzen Bergkuppen für die Kohlegewinnung in West Virginia, um die Unterwanderung der Umweltbehörde EPA mit Anti-Umweltschützern und natürlich um die Sabotage am Kioto-Protokoll. Und Punkt für Punkt wird der Nachweis geführt, wie die von Bush’s Handeln begünstigte Industrie die Kassen der Republikanischen Partei gefüllt hat.
Amerika weiß das. Die erdrückende Mehrheit der Amerikaner lehnt diese Praktiken ab und hält die zugehörigen Geldflüsse für gesetzeswidrig oder zumindest unmoralisch. Bush hat nach Meinung vieler seine zweite Wahl nur gewonnen, weil das Thema Umwelt einfach noch nicht wichtig genug war und weil man im Krieg nicht gern die Regierung auswechselt.
Jetzt aber ist die Kritik am Krieg Mehrheitsmeinung und das Thema Umwelt kocht in den Medien immer höher. TIME Magazine hat im März einen dramatischen Klimaaufmacher gebracht. Zusammen mit Al Gore’s aufklärerischem Klima-Film „Eine unbequeme Wahrheit“ hat das dazu beigetragen, dass es „politisch korrekt“ geworden ist, die verbliebenen Leugner des Klimawandels als Schwindler, Narren oder Bestochene anzuschwärzen. Bush’s Umfragewerte sind im Keller, und es geht auf die wichtige Kongresswahl 2006 und die Vorbereitung der Präsidentenwahl 2008 zu. Bush kann da zwar nicht mehr antreten, aber er will natürlich einen Gesinnungsfreund als Nachfolger. Bush ist unter gewaltigem Handlungsdruck.
Da fiel ihm eine wunderbare Ersatzhandlung ein: die Ausrufung des größten Naturschutzgebiets der Erde. In einer Pressekonferenz am 15. Juni hat er die nordwestlichen Inseln von Hawaii und die zugehörige Meeresfläche von insgesamt 140.000 Quadratmeilen oder 360.000 Quadratkilometern (so groß wie Deutschland) zum Nationalen Monument erklärt. Die Artenvielfalt dort ist atmberaubend. Die Meeresumweltschützer sind begeistert. Die Presse ist ausnahmslos positiv. Die lokalen Fischer, die nun nicht mehr ausfahren dürfen, wurden mit Geldern der privaten Pew-Stiftung großzügig abgefunden. Man stellt sich auf Tourismus und andere lukrativere Tätigkeiten um.
Ein gelungener Entlastungsangriff also. Zwei wichtige Schönheitsfehler sind allerdings nicht zu übersehen: an den letzten Endes wichtigeren Baustellen des Klimaschutzes und der Eindämmung der Ressourcenverschwendung herrscht weiterhin Stillstand. Und die Idee für das Naturschutzgebiet von Hawaii entstand während der Regierung Clinton und wurde von einem republikanischen Gouverneur und dem republikanischen Kongress blockiert. Doch in Amerika ist vieles sehr rasch der Schnee von gestern.