Visionen zu DaimlerChrysler 2020

Beitrag zur Jubiläumsschrift des Arbeitskreises Umwelt

Wir schreiben das Jahr 2020. DaimlerChrysler hat seine Position als führender Mobilitätskonzern ausgebaut. 2007 ist wieder ein asiatisches Standbein dazu gekommen, diesmal ein robustes. 2014 kam dann ein ganz hartes Jahr für die Automobilindustrie der Welt, durch die erste große Ölkrise seit den 1970er Jahren. Aber DaimlerChrysler war neben Toyota am besten vorbereitet und hat die Krise ohne Blessuren überstanden und inzwischen die Weltspitze erobert. Und das kam so:

DaimlerChrysler hatte die Smart-Technologie konsequent zu einer „Zweilitertechnologie“ ausgebaut. Gerade rechtzeitig für die Krise ist 2013 das Zweieinhalbliterauto „Smart Duo“ in Serie gegangen. Nach der neuen Ölkrise findet der Duo reißenden Absatz. Probleme bereitet der deutschen Belegschaft nur der Umstand, dass die größten Serien bei den Konzerntöchtern in Indien und China gebaut werden, aber man weiß ja auch, dass in diesen Ländern die Effizienztechnologie noch viel nötiger ist als im immer noch wohlhabenden Deutschland. Im Bereich der Luxuslimousinen hat DaimlerChrysler weiterhin eine führende Stellung, aber auch hier hat sich der Trend zur leichteren Bauweise, zum Hybridmotor und zur Treibstoffeffizienz durchgesetzt. Kein Auto der DaimlerChrysler Flotte, bis auf ein paar mehr als fünf Jahre alte gepanzerte Sicherheitsfahrzeuge, benötigt mehr als fünf Liter Treibstoff pro 100 Kilometer.

Ein anderes ökologisches Lieblingsprojekt von DaimlerChrysler hat sich dagegen verzögert: das Brennstoffzellen- und Wasserstoffauto. Nach vielen Anläufen hat sich heraus gestellt, dass die Herstellung des Wasserstoffs für den Massenverbrauch in Fahrzeugen lange Zeit unwirtschaftlich blieb und dass sich der ökologische Vorteil im Wesentlichen auf den städtischen Nahbereich erstreckt, solange der Wasserstoff nicht aus regenerativen Energien gewonnen wird. Für die Großräume Los Angeles, Tokio und Osaka ist dieser lokale Vorteil groß genug und ist die Kundschaft wohlhabend genug, um sich den Wasserstoffluxus zu leisten. Der asiatische DaimlerChrysler Partner hat die Herstellung für diese lokalen Märkte voll übernommen.

Die übrige Flotte der DaimlerChrysler Autos hat die seit 2015 gültige Euro 6-Norm erfüllt, was unter Luftreinheitsgesichtspunkten für die Ballungsräume der Welt vollkommen ausreichend ist. Erst jüngst feierte man 10 Jahre saubere Dieseltechnologie, nachdem man sich vor 15 Jahren mit der Einführung von Rußpartikelfiltern schwer getan hat und man die Konkurrenz davonlaufen ließ. Das soll nicht wieder passieren: Heute ist der Konzern sehr aktiv in der Nutzbarmachung von erneuerbaren Rohstoffen für den Treibstoff sowie für die Fahrzeugherstellung – und damit einer der Vorreiter in Europa.

Eine ganz andere ökologische Baustelle hat der Konzern sehr erfolgreich betreten: die fast vollständige Materialwiederverwertung von Autos nach Ende ihrer Lebensdauer. Das Demanufacturing und Remanufacturing wird in allen Werken des Konzerns groß geschrieben. Ausgehend von Japan und der EU ist die 95%ige Materialwiederverwendung auch inzwischen in allen Industrieländern einschließlich China und Indien zur gesetzlichen Norm geworden.

Als Alternative ist auch die alte Idee vom Langzeitauto wieder aufgetaucht und feiert Erfolge. Das Langzeitauto hat eine extrem geringe Abnutzung und kann ohne weiteres vierzig Jahre lang gefahren werden. Die Praxis bei DaimlerChrysler zeigt aber, dass es für Hersteller und Kunden am besten ist, wenn der Hersteller Eigentümer des Wagens bleibt und das Auto nur vermietet, und zwar nicht immer das gleiche, sondern je nach Nutzungszweck auch ein anderes. Der Hersteller verpflichtet sich, nicht nur die Wartung und Reparatur vorzunehmen, sondern auch bestimmte Innovationen durchzuführen – wiederum durch Remanufacturing.

Die LKW-Sparte im Konzern hat die überraschendste Diversifizierung hinter sich gebracht. Sie setzte sich an die Spitze einer technologischen Revolution der Frachtlogistik, die nach der laufenden Erhöhung der Lkw-Maut unausweichlich geworden war. Zu Beginn des zweiten Jahrzehnts brachte DaimlerChrysler einen LKW auf den Markt, dessen Laderaum als ganzer Container in einer halben Minute vollautomatisch auf Güterwagen der Bahn verladen werden kann. Die Lkws fahren hierzu in einem Meter Abstand parallel an den Güterzug heran. Dieser steht auf einem um etwa einen halben Meter niedriger gelegten Gleis, so dass die Ladeflächen von Zug und Lkw auf gleicher Höhe sind. Aus den Güterwagen werden nun pro Container vier kräftige Teleskoprohre heraus gefahren, deren optisch aktive Enden die vier unten mit kleinen Kugellagern bestückten Trageschienen des Containers ansteuern. So kann der Behälter mit minimalem Widerstand sehr rasch auf den Güterwagen gezogen werden. Ein Güterzug kann auf diese Weise etwa fünfzehn Lkw-Container gleichzeitig aufnehmen oder abgeben.

DaimlerChrysler hat auch eine Firma übernommen und technisch neu ausgerüstet, die den vollautomatischen horizontalen Containeraustausch zwischen zwei Güterzügen in zehn Minuten bewältigt. Ein Laufband zwischen den beiden Zügen übernimmt die erforderlichen Längsverschiebungen der Behälter. Durch diese doppelte Innovation der Verladetechnik, von der EU sowie vom Bund aus Mitteln des Straßenbaus mitfinanziert (weil man mit Milliardeneinsparungen bei Autobahnreparaturen rechnet), revolutioniert sich die Logistik in Mitteleuropa. Der Traum von der Verlagerung des Güterfernverkehrs von der Straße auf die Schiene wird endlich Wirklichkeit. Allerdings wird ein Multimilliardenprogramm zum Ausbau der Güterbahnhöfe und zur mechanischen und elektronischen Ertüchtigung der Schienenwege fällig.

Aus der Containerumschlagtechnik entwickeln DaimlerChrysler und Alsthom gegen Ende des zweiten Jahrzehnts ein ganz neues Produkt: den neuartige doppelstöckigen Autoreisezug „Benzrapid“. Bis zu dreißig Pkws können gleichzeitig innerhalb von etwa fünf Minuten auf den Benzrapid querverladen und -entladen werden. Über den im Zug längs geparkten Wagen sind angenehme, wenn auch niedrige Arbeits- und Konferenzräume, Ruheräu-me und Familienoasen eingerichtet. Jeder dritte Wagen hat auch ein kleines Restaurant. Für Fahrzeuge über 1,8 Meter Höhe gibt es eigene Wagen ohne Oberdeck, dafür aber angekuppelte Komfortwagen ohne Autoladefläche, und für Nachtfahrten dient der „Benzrapid Night“ mit Schlafkabinen im Oberdeck.

Der Benzrapid fährt auf Neubaustrecken die ICE-üblichen 200 bis 300 km/h. Er hält etwa alle 100 Kilometer in den teilweise umgebauten Hauptbahnhöfen oder auch an neuen, durch ÖPNV gut angeschlossenen Bahnhöfen in der Peripherie. Auf den Magistralen entwickelt sich ein Fahrplan im Zehnminutentakt, auf den geringer befahrenen Strecken liegt die Frequenz bei 20 bis 60 Minuten.

Sofort nach Bekanntwerden der Planungen für das neue System kommen Anfragen und Großaufträge aus dem Ausland herein, insbesondere aus den EU-Ländern, aus Japan, den USA, China und Russland.

In einem Jahrhundert, das mittlerweile allseits als das Jahrhundert der Umwelt bezeichnet wird, zeigt DaimlerChrysler, dass der unverminderte Wunsch nach Mobilität und Komfort mit vorsorgendem Umweltschutz vereinbar ist.