„Mit Öko-Technologie Spitzenplatz erobern“

Leonberger Kreiszeitung 09.03.2005
Von Chris Heinemann

Anlässlich der Firmenpreis-Übergabe an die Regionalsieger von „Jugend forscht“ hat Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker in einem Vortrag bei der Sparkasse Pforzheim-Calw eine wirksamere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel und Rohstoffe gefordert.

Der renommierte Naturwissenschaftler, Bundestagsabgeordnete und Politikberater sprach über die „Neuausrichtung des technischen Fortschritts“, verbunden mit der Frage: „Wie kann Deutschland wieder einen Spitzenplatz erobern?“ Seine zentrale These: „Wir müssen eine revolutionäre Verbesserung der Effizienz beim Umgang mit zentralen Rohstoffen erreichen.“ Bevor er die Frage nach dem Wie beantwortete, lokalisierte er die Gründe für die derzeitige Krise. Sie habe ihren Ursprung auch im Eins-zu-eins-Umtausch von Ost- in Westmark nach der Vereinigung. Das habe wegen der ursprünglichen Wechselkurs-Kopplung der Ostmark an den Rubel zum Zusammenbruch technisch hochstehender Ostfirmen geführt. Zugleich sei mit dem Ende des Ost-West-Konflikts nicht nur die Hauptbegründung für die soziale Marktwirtschaft weggefallen, sondern auch ein „globaler gnadenloser Kostenwettbewerb“ ausgebrochen. Der internationale Standortwettbewerb führe zu sinkenden Unternehmenssteuern und damit zu schwindender Zahlungsfähigkeit des Staates.

Weitere Steuersenkungen, Liberalisierungen oder gar die Abschaffung der Mitbestimmung helfen nach von Weizsäckers Ansicht nicht weiter. Nicht die Wirtschaftspolitik werde neues Wachstum erzeugen, sondern die Innovationspolitik. Weniger in den Informations- und Kommunikationstechnologien als bei den Nano- und Biotechnologien sei Deutschland weltweit mit führend. Doch angesichts der drohenden Klimakatastrophe eröffneten sich vor allem in den Öko-Technologien bisher zu wenig beachtete Chancen für die Eroberung eines Spitzenplatzes auf dem Weltmarkt. Als Beispiele nannte von Weizsäcker unter anderem das 1,8-Liter-Auto aus kohlefaserverstärktem Epoxidharz und mit Hybridmotor, das Passivhaus, die extrem sparsame Leuchtdiode und eine mehr jahreszeitliche Ernährung.

„Think big“ – mehr Mut zum Denken in großen Zusammenhängen – forderte von Weizsäcker nicht nur von Ingenieuren und Politikern, sondern auch vom Management. Dazu gehörten eine intelligente Beeinflussung der Kapitalmärkte, um den Kapitalabfluss in Raubbau-Technologien zu stoppen, und die Förderung von geografischen Konzentrationen vernetzter Betriebe, so genannter Cluster. Die Verbundenheit des Design-Schwerpunkts an der Pforzheimer Hochschule mit dem Automobil-Cluster Stuttgart und die intensive Auseinandersetzung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordschwarzwald (WFG) mit Clustern gäben zu Optimismus für die Region Anlass, befand Sparkassendirektor Scholl.